Leerstand im Wedding markiert!

Ein paar engagierte Nachbar*innen waren am Wochenende unterwegs, um gegen den Leerstand im Wedding zu protestieren. An der Osloer Straße 116a und der Stettiner Straße 38 wurden Schilder aufgehängt, die über den Leerstand in den seit ca. 10 Jahren leerstehenden Mehrfamilienhäusern informieren. In der Stettiner 38 wird dieser jahrelang anhalten Zustand durch eine Leerstandsgenehmigung auf Grund von Modernisierung seit dem 12.12.18 bis zum 30.09.21 geschützt. Das Bezirksamt Mitte deckt hier aktiv die Verzögerungstaktik des Eigentümers GCH Hotelgroup und wird bei dem faktisch illegalen Leerstand in der Olsoer 116a nicht aktiv. In der Stettiner Straße 38 sind keinerlei Modernisierungsarbeiten zu erkennen, sondern in der ehemaligen Kneipe „Bollmanns“ steht das gesamte Tresenmobiliar wie vor 10 Jahre da – nur eine dicke Staubschicht hat sich gebildet. Auch wurden uns Bilder von Aktivist*innen zugesendet,  auf dem große Plakate an den Fensterscheiben der ehemaligen Kneipe in der Stettiner Straßezu sehen sind. Wir von Mietenwahnsinn Nord können uns diesen Forderungen nur anschließen und sagen:

Leerstand zu bezahlbaren Wohnraum!
Leerstand enteignen!
Kein Mensch ohne Wohnung, keine Wohnung ohne Menschen!

Weitere Informationen zur Stettiner Straße 38 und Osloer 116a findet ihr in unserem Rechercheartikel.

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Kurz erklärt: Zweckentfremdung und die Rolle der Bezirksämter

In Berlin stehen ungefähr 7% aller Wohnungen leer. Das sind also ca. 150.000 Wohnungen, die faktisch nicht genutzt werden. In Zeiten von Mietenwahnsinn und massenhafter Verdrängung von Mieter*innen ist das ein Problem, finden wir!

Warum gibt es Leerstand?

Die meisten Gründe haben mit dem Bestreben nach Profitmaximierung zu tun. So lassen sich Eigentumswohnungen zum Beispiel zu einem höheren Preis verkaufen, wenn keine Menschen darin wohnen. Bei der aktuellen Preisentwicklung auf dem Berliner Wohnungsmarkt (~10% pro Jahr) kann es daher aus finanzieller Sicht Sinn machen, eine Wohnung ein paar Jahre leer stehen zu lassen, um sie dann zu einem maximalen Preis zu verkaufen (.

Andere Häuser stehen leer, weil sie abgerissen werden sollen – damit auf dem Grundstück dann hochpreisige Immobilien gebaut werden können (wie in der Habersaathstraße). Viele Häuser und Wohnungen in Berlin stehen schon seit Jahren leer. Einige haben wir schon hier recherchiert.

Gibt’s da kein Gesetz gegen?!

Doch. Für leerstehende Wohnungen sind in Berlin die Bezirksämter zuständig. Was Gesetze gegen Leerstand und Zweckentfremdung angeht, ist Berlin vergleichsweise gut aufgestellt: Das 2013 erlassene Zweckentfremdungsverbot-Gesetz wurde 2018 nochmal verschärft und gilt als eines der strengsten in Deutschland. Neben dem Gesetzestext gibt es noch die Zweckentfremdungsverbots-Verordnung, welche das Vorgehen der Bezirksämter regeln soll. Auch für verfallende Gebäude gibt es das Wohnungsaufsichtsgesetz, wo die Handlungsmöglichkeiten der Bezirke erläutert sind.

Was steht in den Gesetzen?

Eine ganze Menge. Stehen Wohnungen ohne Erlaubnis leer, drohen Geldbußen von bis zu 250.000€. Wird der Leerstand dann nicht innerhalb von 4 Wochen beendet, kann das Bezirksamt eine Treuhand einsetzen, der die betreffenden Wohnungen zwangsverwaltet und sicherstellt, dass diese vermietet werden. Auch für verfallende Wohnungen kann eine Zwangsverwaltung durch den Bezirk eingesetzt werden, falls der/die Eigentümer*in die Wohnungen nicht unverzüglich instandsetzt.

Warum werden diese Gesetze so selten angewendet?

Letztlich hängt die Durchsetzung dieser Gesetze immer vom Willen der Bezirksämter, ihren Kapazitäten und öffentlichem Druck ab. Die Fortschritte sind ausgesprochen mager: so sind nach einer Recherche der taz in den letzten 3 Jahren gerade einmal insgesamt ca. 5000 leerstehende Wohnungen rückgeführt worden. Das sind ca. 3% des bestehenden Leerstands. Das riecht nach fehlendem politischen Willen!

Unsere Forderung: Keine Wohnung ohne Menschen, keine Menschen ohne Wohnung!

Wir fordern ein Ende der Untätigkeit der Berliner Bezirksämter. Dass Menschen inmitten einer Pandemie auf der Straße schlafen müssen, während zehntausende Wohnungen leerstehen, nehmen wir nicht hin. Ein erster Schritt in die richtige Richtung wäre ein konsequentes Handeln der Berliner Bezirke gegen Leerstand und Zweckentfremdung. Alle Grundlagen sind vorhanden – jetzt müssen Taten folgen!

    

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Leerstand in Mitte: Zeit zu Handeln!

Osloer Straße 116a, 13359 Berlin (Gesundbrunnen)

(vermutete) Eigentümerin: GCH Hotelgroup, Geschäftsführer: Sascha Hampe, zuständig für Region Berlin: Bodo Sikora.

Die Hotelgroup betreibt im Innenhof des Häuserkomplexes rund um die Osloer 116a das Hotel „Wyndham Garden“. Bei der Hausnummer 116a handelt es sich um das Vorderhaus vor dem Hotel.

Zustand des Gebäudes: Einer Anfrage von Katharina Mayer, Abgeordnete der Bezirksverordnetenversammlung Mitte für die Linkspartei, vom September 2020 zufolge gleicht das Gebäude aktuell einer Baustelle. So wurde das Haus vom 1.OG – 4.OG entkernt und Abrissarbeiten vorgenommen. Einzelne Wohnungen und Räume sind dadurch laut der Anfrage nicht zu erkennen. Darüber hinaus wurden die 5. und 6. Etage für den Hotelbetrieb umgebaut. Weitere Angaben zum baulichen Zustand des Hauses gehen aus der Anfrage nicht hervor.

Geschichte des Hauses: Die Osloer 116a steht bereits seit geraumer Zeit vollständig leer. Sowohl die (vermutete) jetzige Eigentümerin, GHC Hotelgroup, als auch ihr Vorgänger stellten mehrere Bauanträge zur Nutzungsänderung des damaligen Wohn- und Geschäftshauses zu einer Beherbergungsstätte (im Jahr 1999, 2013 und 2018). Dem vorherigen Eigentümer wurden dabei Baugenehmigungen erteilt. Auf deren Grundlage ließ er Entkernungen und Abrissarbeiten vornehmen. Einem Bericht der „Immobilienzeitung“ aus dem Jahr 2018 zufolge, sollte in der Osloer 116a eigentlich ein „Coworking Space“ von „rent24“ entstehen. Diese Pläne wurden jedoch nicht umgesetzt. Ob es sich bei „rent24“ auch um den vorherigen Eigentümer handelt, lässt sich nicht nachvollziehen. Der (vermutete) Eigentümerwechsel erfolgte wahrscheinlich kurz nach Ende des Projektes. Die neue Eigentümerin, GHC Hotelgroup, stellte im Jahr 2018 ebenfalls einen Antrag auf Nutzungsänderung und ließ Bauarbeiten vornehmen. 

Wie handelte das Bezirksamt?: Die Ermittlungen zum Leerstand durch das Bezirksamt wurden am 10.03.2018 eingeleitet. Eine Baugenehmigung zum Umbau in ein Hotel ist, wie bereits erwähnt, erloschen, womit eine weitere Umwandlung der Wohnungen in Hotelzimmer gestoppt wurde. Darüber hinaus wurde 2017 ins Grundbuch Wedding ein Hotelbetriebsverbot eingetragen. Im Januar 2019 wurde der Eigentümer gebeten, Anträge zum Leerstand für die einzelnen Wohnungen einzureichen. Aufgrund der zahlreichen Umbauarbeiten waren jedoch keine Wohnungen und einzelnen Wohnräume zu erkennen. Dazu liegen dem Bezirksamt jedoch keine Unterlagen vor und die Beschreibung beruht lediglich auf den Aussagen des Eigentümers. Eine Ortsbegehung wurde aufgrund rechtlicher Unsicherheiten[2] nicht vorgenommen. Zur aktuellen Zeit liegt vonseiten des Bezirkes kein Aufteilungsplan[3] vor, der darauf hinweisen würde, dass eine Wohnnutzung geplant ist. Bis Vertreter*innen Einsicht in die Akten des Hauses beim Bauarchiv erhalten können, wurde die Ermittlung zum Leerstand ausgesetzt.

Aktionen vor Ort: Im Januar 2021 versammelten sich Aktivist*innen von „Mietenwahnsinn Nord“ mit Schildern und Transparenten vor dem Haus, um konkret auf den dort bestehenden Leerstand hinzuweisen. Weiterhin wurden in der Osloer und Stettiner Straße Flyer an die Haustüren gehängt, um die Nachbar*innen auf die leer stehenden Häuser aufmerksam zu machen.

Aktive vor dem leeren Gebäude in der Osloer Str. 116

Zusammenfassend: Schon seit mehreren Jahren lassen unterschiedliche Eigentümer*innen das Haus in der Osloer Straße 116a leer stehen mit dem Ziel, die bestehenden Wohnungen für den Hotelbetrieb umzuwandeln. Das Bezirksamt konnte zwar ein Verbot der Umwandlung bezwecken, handelt aber nur schleppend, wenn es darum geht, den bestehenden Wohnraum rückzuführen.

Stettiner Straße 38, 13357 Berlin (Gesundbrunnen)

Eigentümerin: GCH Hotelgroup, Geschäftsführer: Sascha Hampe, zuständig für Region Berlin: Bodo Sikora

Die Hotelgroup betreibt im Innenhof des Häuserkomplexes rund um die Stettiner Straße 38 und der Osloer 116a das Hotel „Wyndham Garden“. Bei der Stettiner 38 handelt es sich um den Hintereingang zum Hotel.

Zustand des Gebäudes: Angeblich sind die acht Wohnungen mit Flügeltüren und Fischgrätenparkett ausgestattet. Von außen lässt sich im Ladenlokal im Erdgeschoss das Inventar einer Bar erkennen. Das Licht im Durchgang funktioniert und die Tür wird regelmäßig gegen mögliche Nutzer*innen mit Kettenschlössern gesichert.  

Geschichte des Hauses: Die Stettiner Straße 38 war Teil der „Weddinger Höfe“ und im Erdgeschoss befand sich die Kneipe „Bollmanns“. Die Stettiner Straße 38 steht bereits seit ca. zehn Jahren vollständig leer. Der Eintrag im Leerstandsmelder besteht seit 2012 und seit 2016 können wir den Leerstand bestätigen.  

Wie handelte das Bezirksamt?: Der Bezirk erteilte eine Leerstandsgenehmigung nach dem ZwVbG bis zum 30.09.2021. Der Grund für die Ausnahmegenehmigung wird vom Bezirksamt nicht genannt. 

Aktionen vor Ort: Im Januar 2021 versammelten sich Aktivist*innen von „Mietenwahnsinn Nord“ mit Schilder und Transparenten vor dem Haus, um konkret auf den dort bestehenden Leerstand hinzuweisen. Weiterhin wurden in der Osloer und Stettiner Straße Flyer an die Haustüren gehangen, um die Nachbar*innen auf die leer stehenden Häuser aufmerksam zu machen.

Machen auf Leerstand aufmerksam: Aktive von MietenwahnsinnNord

Zusammenfassend: Schon seit ca. zehn Jahren lassen unterschiedliche Eigentümer*innen das Haus in der Stettiner Straße 38 leer stehen. Das Bezirksamt wurde nicht aktiv oder schützt jetzt sogar den Leerstand. 

Osloer Str. 114, 13359 Berlin (Gesundbrunnen)

Eigentümerin: Eigentümer ist die A-State Immobilien. Geschäftsführer ist Einar Skjerven, welcher mit etlichen anderen Immobilienfirmen verwoben ist. Unter anderem ging Einar Skjerven im Jahre 2020 für den Investor Heimstaden im Norden Berlins auf Einkaufstour und viele Nachbar*innen wehrten sich dagegen. Nicht zuletzt, weil Skjerven versucht die gekauften Häuser möglichst schnell in Eigentumswohnungen aufzuteilen, Alteingesessene zu verdrängen und dann die Wohnungen mit größtmöglichem Profit weiterzuverkaufen. Dabei bleiben Wohnungen oft über Jahre unbewohnt. 

Auch hier steht viel leer: Osloer Str. 114

Zustand des Gebäudes: In der Osloer Straße 114 sind alle Wohnungen bezugsfertig und das Gebäude wurde frisch modernisiert. Das Haus verfügt über drei Aufgänge, insgesamt ca. 35 Wohnungen. „[…] Der dunkelgrün gehaltene Eingangsbereich schafft mit seiner Jugendstil Glaskunst und detailreichen Holzschnitzereien des Treppengeländers ein beeindruckendes Entrée. Hier werden Altbau-Träume wahr: hohe Decken, gut erhaltene Dielenböden und lichtdurchflutete Räume bieten höchste Wohnqualität.“ – so beschreibt ein Immobilienportal die Eigentumswohnungen in der Osloer Str. 114. Viele der Anwohnenden berichten dennoch von der miserablen Hausverwaltung, die bei Schäden untätig bleibt und Reparaturen verschleppt.

Geschichte des Hauses: Die Gebäude ging in den letzten 10 Jahren durch eine Reihe von Eigentümer*innen, stellenweise mit monatlichen Wechseln. Laut Anwohnenden stehen Wohnungen teilweise seit 4 Jahren leer. Im Sommer 2020 waren noch 10 Wohnungen frei, inzwischen sind es laut Website nur noch fünf. Die ehemaligen Mietwohnungen wurden nun zum großen Teil in Eigentumswohnungen umgewandelt. 

Wie handelte das Bezirksamt?: Der Leerstand der Wohnungen ist offensichtlich und wird auf der Website beworben. Der Bezirk hat trotz jahrelangem Leerstand nichts unternommen. 

Aktionen vor Ort: Im Januar 2021 versammelten sich Aktivist*innen von „Mietenwahnsinn Nord“ mit Schilder und Transparenten vor dem Haus, um konkret auf den dort bestehenden Leerstand hinzuweisen. Gegen die Verwertungsstrategien von Einar Skjerven und Heimstaden organisierten sich sowohl im Wedding als auch berlinweit hunderte Mieter*innen.

Zusammenfassend: Seit teilweise 4 Jahren stehen mehrere Eigentumswohnungen in der Osloer Str. 114 leer, weil diese zu überhöhten Preisen angeboten werden und sich bisher keine Interessenten fanden. Der Bezirk unternahm trotz jahrelangem Leerstand bisher nichts.

Quellen/Anmerkungen

[1] „Gesetz über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum“ vom 29. November 2013

[2] Es ist rechtlich nicht geklärt, ob bei Vorliegen von Wänden und Eingangstüren schützenswerter Wohnraum vorhanden ist.

[3] Gemeint ist die Aufteilung von Teilen des Hauses auf verschiedene Eigentümer*innen.

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